Jeder junge Imker kennt diese Gedanken: Wie geht es der Königin? Legt sie noch genügend Eier? Ist sie überhaupt noch im Volk?
Auch mir ging es in der Anfangszeit genau so. Bei jeder Durchsicht der Völker habe ich ganz genau darauf geachtet, dass ich die Königin entdecke, um Gewissheit zu haben, dass sie noch da und alles in Ordnung ist. Umso größer war der Schreck, als ich das erste Mal bei einem Volk auch nach mehrmaliger, genauster Durchsicht aller Waben die Königin nicht entdeckte. Und tatsächlich: Die Arbeiterinnen hatten Sie aus dem Volk gescheucht. Ich entdeckte die ehemalige Königin – gut erkennbar an ihrem Punkt auf dem Rücken – im Gras vor dem Stock.
Und nun…? Es stellte sich mir eine entscheidende Frage: Wie sollte das Volk den ohne Königin überleben…? Ich hatte nun auch nicht mal eben so eine „Reservekönigin“ auf Tasche… Es waren schlaflose Nächte!
Doch die Sorgen waren vollkommen unbegründet, denn das Bienenvolk erschaffte sich in kürzester Zeit wie von Zauberhand eine neue Königin. Nach ein paar Wochen schritt sie, gefolgt von ihrem Hofstaat, majestätisch über die Waben – und ich konnte wieder beruhigt schlafen, ging es doch allen Völkern wieder gut!
Aber wie genau haben die Bienen das gemacht? Wie entsteht so eine neue Königin?
Das Leben einer Königin beginnt wie das einer jeden weiblichen Biene: nämlich in einem befruchteten Ei, welches die alte Königin zuvor in eine der Zellen gelegt hat. Obwohl dies zunächst unspektakulär klingt, ist vielleicht doch ein wenig Zauberei dabei, denn aus den vielen tausend Eiern, die sich zur gleichen Zeit im Volk befinden, suchen die Ammenbienen, welche für die Brutpflege zuständig sind, einige wenige aus, aus denen Königinnen entstehen sollen – von denen am Ende nur eine einzige im Volk verbleibt.
Die Zellen, in denen die Bienen ihre neue König heranziehen, erkennt man daran, dass diese wesentlich größer sind als die Zellen der Arbeiterinnen oder Drohnen und wie ein Tropfen senkrecht an der Wabe sitzen.
Drei Tage nachdem das Ei in die Zelle gelegt wurde, schlüpft daraus eine Larve. In den ersten drei Tagen als Larve werden die zukünftigen Arbeiterinnen und Königinnen noch gleich behandelt, denn beide erhalten zunächst den Futtersaft der Ammenbienen, den diese in ihren Futtersaftdrüsen produzieren. Dieser wird auch als Gelée Royal bezeichnet. Der Clou, der dazu führt, dass sich aus der einen Larve eine viel größere, geschlechtsfähige Königin und aus der anderen eine kleine, nicht geschlechtsfähige Arbeiterin entwickelt, liegt darin, dass die Arbeiterinnenlarven ab dem dritten Tag eine Mischung aus Honig, Pollen und Futtersaft erhalten. Die Königinnenlarven hingegen werden weiterhin ausschließlich mit Futtersaft gefüttert.
Fünf Tage nachdem die Larve aus dem Ei geschlüpft ist und kräftig an Gewicht und Größe zugenommen hat, verwandelt sich die Larve in eine Puppe. Die Ammenbienen verschließen die Zelle der zukünftigen Königin zudem mit einem Wachsdeckel. Derart geschützt entwickelt sich in der Zelle innerhalb von acht Tagen aus der Bienenpuppe eine Bienenkönigin, die sich nach Ablauf dieser Zeit mit ihrem Beißwerkzeug aus der Zelle frisst und in ihr neues Leben als Königin des Bienenvolkes startet.
Genau genommen torkelt sie zunächst etwas benommen über die Wabe. Zudem kann man die junge Königin am Anfang ihres Lebens leicht übersehen, denn noch ist sie nicht wesentlich größer als die Arbeiterinnen. Doch das ändert sich bald. Nach dem Schlupf der Königin dauert es ungefähr eine Woche, bis sie von bis zu zehn Drohnen begattet wird und anfängt, selber bis zu 2.000 Eier am Tag zu legen.
Betrachtet man die Zeitabstände bei der Entwicklung einer Königin genauer, fällt folgendes auf:
Drei, fünf, acht – die Königin ist gemacht.
Während eine männliche Drohne 24 Tage und eine weibliche Arbeiterin 21 Tage vom gelegten Ei bis zum Schlupf als fertige Biene benötigt, braucht eine Königin für ihre Entwicklung in der Zelle nur 16 Tage. Diese kurze Zeitspanne ist für das Überleben des Volkes sehr wichtig und von der Natur clever eingerichtet, denn die Existenz des Bienenvolkes ist vom Vorhandensein der Königin abhängig. Ohne Königin kein Volk. Fehlt dem Volk seine Königin, muss es sich schnell eine neue schaffen, damit das Volk nicht aufgrund zu weniger Bienen in Gefahr gerät und am Ende womöglich den Winter nicht überlebt.